[Gewalt in der Literatur] [Gewalt im Film] [Gewalt in Computerspielen]

Für viele Menschen ist seit langem klar, was Gewalt im Kino und Fernsehen vor allem bei Kindern auslöst:

    “When it comes to the question of what our children are learning [from aggressive role models in TV, Anm, d, Verf.], the answer is simple: violence, mayhem, and murder. Dr. Alvin Poussaint, professor of psychiatry at Harvard Medical School, has stated that exposing children to violent media images is ,abuse' similar in effect to physical or sexual abuse or living in a war zone.” (Dave Grossman, Stop Teaching Our Kids to Kill, S. 49)

Allein der gesunde Menschenverstand reicht aus um festzustellen, dass an dem Vergleich von fiktionaler Gewalt im Film mit den traumatischen Erlebnissen in Kriegsgebieten oder gar sexueller Gewalt etwas nicht stimmen kann, denn Filmgewalt ist immer nur dargestellte Gewalt. “Sie kann nur im Kino oder vor dem Fernseher erlebt werden und ist eben keine im realen Alltag erlebte Gewalt. [...] Stattdessen ist Filmgewalt stets in eine frei erfundene Geschichte eingebunden. Diese Fiktivität lässt sich deutlich erkennen, wenn man bedenkt, dass Filmgewalt von Wesen ausgehen kann, von denen bekannt ist, dass sie nicht existieren.” (Gerhard Hroß, Die Funktion von Gewalt im Film, S. 136) Dass reale Gewalt auf der Straße und fikive im Kino wenig miteinander zu tun haben, zeigt auch ein Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus:

    “In diesem Kontext von Angst und Gewalt, von alltäglicher Verdrängung der Realität des Regimes und Identifikation mit seiner vorgespielten Glorie hat das Kino seine kompensatorische Rolle. Dies verweist umgekehrt bereits darauf, dass Domestikation der Gewalt nicht einfach durch Vebot medialer Gewaltpräsentation zu erreichen und zu sichern ist.” (Thomas Hausmanninger, Filmgewalt im Spannungsfeld gesellschaftlicher Gewaltaffirmation und Gewaltdomestikation, S. 265.)

Folgende fünf Funktionen der Gewalt im fiktiven Film lassen sich unterscheiden:

    (1)

    Die Darstellung von Gewalt erzeugt auf der strukturellen Ebene der Geschichte Spannung.

    (2)

    Filmische Gewalt verwickelt den Zuschauer emotional in die Handlung und dient dazu, den inneren Prozess eines Helden als äußeren Kampf darzustellen.

    (3)

    Der Einsatz von Filmgewalt kann die thematischen Aspekte eines Films zuschärfen und den Zuschauer auf diese Weise zu einer Stellungnahme provozieren.

    (4)

    Die Darstellung von Gewalt hat sich in jüngster Zeit zu einer eigenen Kunstform entwickelt. Sie ist dadurch Pop-Kunst und erhält ,Kult'-Charakter.

    (5)

    Filmgewalt kann durch ihre Alltagsferne dem Zuschauer eine spektakuläre Show vermitteln oder ihm eine humorvolle Entlastung von seinem Alltagsleben bieten.

    (Gerhard Hroß, Die Funktion von Gewalt im Film, S. 145)

Gerhard Hroß macht in seinem Aufsatz auch deutlich, warum Gewalt im Spielfilm eine so große Rolle spielt: “Wie sich das Erleben von Gewalt als Konstante menschlichen Daseins erweist, ist auch die künstlich inszenierte Gewalt aus den Filmen kaum wegzudenken. Dies mag daran liegen, dass Filme in ihrer Verfremdung dennoch das menschliche Dasein in all seinen Facetten widerspiegeln.” (Gerhard Hroß, Die Funktion der Gewalt im Film, S. 145)